Das Leben ist schön!

Ob es leicht ist, in dieser Welt zu leben?

Sie sagen: „Nicht ganz!“

Und ich: „Schwer.»

Wenn die Beine nicht gehen,

Die Hände nicht funktionieren,

Und nur meine Gedanken frei sind.

Sie laufen sehr schnell.

In Gedanken mache ich alles schnell,

schön und geschickt.

Und meine Mama und Lehrerin freuen sich wie verrückt

und ich bin zufrieden mit meinem Leben.

Und sei es nur in Gedanken:

dort bin ich ein gesundes Mädchen

Und alles wird gut sein

so, wie es sein soll

Dieses Gedicht hat ein neunjähriges Mädchen, Weronika Pjatachina, geschrieben. Ich hatte das Glück, dieses Mädchen bei uns in „Nadeshda“ kennenzulernen. Das war im Jahr 2015 während eines Trainings für Kinder mit Behinderung und ihre Eltern. Weronika hatte eine schreckliche Diagnose: Kinderlähmung mit dem Schweregrad 3, was eine sehr schwere Form ist. Sie leidet unter dem atonisch-astatischen Typ und außerdem unter kryptogener Epilepsie. Es ist wahrscheinlich unmöglich, mit einer solchen Diagnose Gedichte zu schreiben, werden Sie, lieber Leser, vielleicht sagen. Und es ist doch möglich - wie ich mit meinen eigenen Augen erfahren habe. Die Mutter von Weronika, Natalija Michailowna, hat mir eines Tages, als wir uns schon etwas besser kennengelernt hatten, Folgendes erzählt: „Unser schwieriger Weg begann, als unser Kind drei Monate alt war. Da haben wir erst bemerkt, dass mit unserer Weronika etwas anders war. Ihre psychomotorische Entwicklung war stark verzögert, zudem litt sie ständig unter Krämpfen. Das Mädchen war wie ein Pflänzchen, es gab fast kaum Zeichen, dass es an der Welt um sie herum Anteil nahm. Schuld daran ist wahrscheinlich eine Infusion, die sie kurz nach der Geburt bekommen hatte. Die Ärzte machten uns keine Hoffnung: Wir sollten weder auf eine geistige noch auf eine körperliche Gesundung hoffen. Wir hatten so viele Fragen und niemand hatte eine Antwort für uns. Die Jahre vergingen mit teuren medizinischen Behandlungen. Viele Menschen haben uns sehr geholfen, dafür möchten wir ihnen herzlich danken. Unsere Tochter wuchs heran und als Weronitschka fünf Jahre alt war, kam ich auf eine Idee, für die mich alle verrückt hielten: ich wollte meiner Tochter das Alphabet beibringen und auf diese Weise mit ihr kommunizieren. Damit wollte ich sie fördern. Ich habe Buchstaben auf Papier gemalt und ihr gezeigt. Alle haben mich für verrückt erklärt, aber ich habe immer weitergemacht. Mit der Zeit hat Weronika tatsächlich Lesen und mithilfe einer speziellen Tastatur auch schreiben gelernt. So gut, dass sie mich überzeugt hat, sie auf eine normale Schule zu schicken. Und es hat geklappt. Wir hatten sogar unseren 1. September, also unsere Einschulungsfeier. Natürlich konnte sie nicht wie alle anderen Kinder in der Schule sein, sondern muss zuhause unterrichtet werden. Aber auch in ihrem Leben gibt es Unterrichtsstunden, Hausaufgaben und sie hat sogar gelernt, Gedichte zu schreiben. Die Klassenkameraden kamen zu uns nach Hause, sie hat Musikunterricht bekommen - es gibt also viel mehr als nur die stundenlangen Reha-Maßnahmen. Heute wundern sich die Fachärzte, die einst diese schreckliche Diagnose gestellt haben, über Weronikas Fortschritte. Aber, sie wundern sich nicht nur, sondern freuen sich auch mit uns. Das ist schön. Doch das Leben hat uns vor weitere Herausforderungen gestellt. 2007 wurde mein Sohn an Krebs operiert. Doch Weronika ist ein Geschenk des Himmels. Was kann man sonst dazu sagen, wenn ein Kind nahezu aus eigener Kraft solche Hindernisse bewältigt und so einen Lebensmut hat. Ich glaube, Weronika wird es schaffen, vielleicht wird sie sich eines Tages auch besser bewegen können. Es wird uns gemeinsam gelingen. Ich bedanke mich bei den Mitarbeitern des Kinderzentrums „Nadeshda“ für ihre tolle Unterstützung.“ Mit diesen Worten endet die Erzählung der Mutter. Ich arbeite seit mehr als 18 Jahren als Psychologin im Zentrum. Ich habe in meiner Arbeitspraxis sehr unterschiedliche Menschen getroffen. Aber die Geschichte von Weronika hat mich so erschüttert, dass ich ihre Mutter gebeten habe, mir ein paar Gedichte zum Andenken zu schenken. Natalija Michailowna hat mir die Gedichte geschenkt, was mich sehr gefreut hat. Und diese Gedichte eines mutigen, starken und klugen Mädchens sind in meiner Arbeit sehr wichtig. Wenn die Leute von ihren Schwierigkeiten erzählen, lese ich die Gedichte vor und erzähle die Geschichte von Weronika. Oft sehe ich dann Tränen in den Augen der Patienten. Sie bedanken sich und verabschieden sich mit den Worten: „Vielen Dank, Sie haben mir geholfen. Jetzt weiß ich, was ich zu tun habe!“ Und ich sage dann jedes Mal in Gedanken „Danke Weronika, gebe Dir Gott Gesundheit und Kraft!“ Swetlana Maschinskaja, Psychologin des Kinderzentrums „Nadeshda“